Der Derringer Colt – Kleine Waffe mit großer Geschichte
Der Derringer Colt gehört zu den bekanntesten und symbolträchtigsten Faustfeuerwaffen der amerikanischen Geschichte. Obwohl oft einfach als „Derringer“ bezeichnet, ist es wichtig, zwischen dem allgemeinen Begriff „Derringer“ für kleine, kompakte Pistolen und der speziellen Variante, die von Colt produziert wurde, zu unterscheiden. Der Colt Derringer stellt eine ikonische Entwicklung in der Waffentechnik des 19. Jahrhunderts dar – kompakt, leicht zu verbergen und dennoch tödlich.
1. Ursprünge und Namensgebung
Der Name „Derringer“ geht ursprünglich auf den US-amerikanischen Büchsenmacher Henry Deringer (mit nur einem r) zurück, der in den 1820er-Jahren eine Reihe von kleinen Taschenpistolen entwickelte, die speziell für die Selbstverteidigung gedacht waren. Seine Pistolen waren leicht, einfach zu handhaben und konnten schnell gezogen werden – ideal für Reisende, Damen oder Personen, die sich diskret bewaffnen wollten.
Mit der Zeit wurde der Name „Derringer“ – fälschlicherweise oft mit zwei „r“ geschrieben – zu einem Gattungsbegriff für jede Art kleiner Pistole mit kurzer Reichweite und geringem Kaliber. Dies öffnete die Tür für zahlreiche Hersteller, darunter auch die berühmte Colt's Patent Firearms Manufacturing Company, die eigene Versionen des Derringer-Prinzips herausbrachte.
2. Die Colt-Derringer-Reihe
Colt begann in den 1870er Jahren mit der Produktion von Derringer-Pistolen. Diese unterschieden sich in mehreren Punkten von Henry Deringers ursprünglichem Design, waren jedoch im Geiste ähnlich: kompakte Ein- oder Doppellader, die leicht in einer Tasche oder einem Ärmel versteckt werden konnten.
Die Colt Derringer-Modelle lassen sich grob in folgende Kategorien unterteilen:
Colt Third Model Derringer (1870–1912)
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Auch als Colt .41 Rimfire Derringer bekannt.
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Einzellader mit Kipplauf.
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Abzugsbügel fehlte; der Abzug war frei stehend.
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Kaliber: .41 Rimfire – ein verhältnismäßig starkes Kaliber für so eine kleine Waffe.
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Wurde sehr populär, insbesondere im Wilden Westen.
Colt New Line Series
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In verschiedenen Kalibern erhältlich: .22, .30, .32, .38, .41.
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Revolverartige Bauweise, aber extrem kompakt.
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Oft aus Messing oder Nickel gefertigt, mit Elfenbein- oder Perlmuttgriffen – auch als Statussymbol.
Moderne Interpretationen
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Auch im 20. und 21. Jahrhundert veröffentlichte Colt einige limitierte Editionen oder Sonderauflagen von Derringer-ähnlichen Waffen – meist zu Sammlerzwecken.
3. Technische Merkmale
Obwohl es verschiedene Modelle gab, teilen alle Colt Derringer-Waffen einige charakteristische Merkmale:
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Kompaktheit: Oft nicht länger als 12–15 cm und sehr leicht.
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Einfacher Mechanismus: Kipplauf- oder Seitenschwenksysteme für das Nachladen, ohne komplizierte Technik.
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Begrenzte Kapazität: Meist Einzellader, gelegentlich auch Doppellader.
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Geringe Reichweite: Effektive Schussdistanz lag bei wenigen Metern – gedacht für Notwehr aus nächster Nähe.
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Verlässlichkeit: Trotz ihrer Einfachheit galten die Colts als robust und zuverlässig.
4. Rolle im Wilden Westen und amerikanischer Kultur
Der Colt Derringer wurde durch seine praktische Größe zu einem beliebten Werkzeug in den Taschen von Revolverhelden, Gesetzlosen, Pokerspielern, aber auch von Damen in Korsetts und Reisenden in Postkutschen.
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In der Popkultur taucht der Derringer immer wieder auf: Ob im Westernfilm, bei Spionen (James Bond!), oder im Theaterstück – die kleine Waffe symbolisiert oft überraschende Wendungen und verdeckte Bedrohungen.
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Besonders berühmt ist der Derringer im Zusammenhang mit John Wilkes Booth, dem Attentäter von Abraham Lincoln. Auch wenn Booth eine originale Deringer (Henry Deringer) benutzte, wurde das Bild des kleinen Einzelladers dadurch fest im kollektiven Gedächtnis verankert.
5. Sammlerwert und heutige Bedeutung
Heute gelten Colt Derringer-Modelle als begehrte Sammlerstücke. Abhängig vom Modell, Zustand, Baujahr und Kaliber können sie mehrere tausend Dollar wert sein. Auch Replikas werden weiterhin produziert – vor allem für Western-Fans, Filmrequisiten oder historische Reenactments.
Moderne Waffenhersteller bieten zudem neue Interpretationen des Derringer-Prinzips an – oft mit verbesserten Materialien, Sicherungssystemen und in Kalibern wie .22 Magnum oder sogar .45 Long Colt.
6. Kritik und Einschränkungen
So charmant der Colt Derringer auch wirkt – er hat klare Grenzen:
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Geringe Feuerrate: Einzelschuss, danach Nachladen – in modernen Auseinandersetzungen praktisch unbrauchbar.
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Präzision: Aufgrund der extrem kurzen Lauflänge eher schlecht.
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Sicherheitsbedenken: Manche Modelle haben keine Sicherung oder Schlagbolzensperre – Sturzsicherheit ist nicht immer gegeben.
Dennoch war (und ist) er eine Ikone, eine Mischung aus Eleganz, Gefahr und diskretem Selbstschutz – wie ein Taschenmesser in Pistolenform.
Fazit
Der Derringer Colt ist weit mehr als nur eine kleine Pistole – er ist ein Stück amerikanischer Geschichte. Seine Mischung aus Praktikabilität, Design und Mythos macht ihn zu einer der faszinierendsten Schusswaffen der Welt. Ob als Notfallwaffe im Wilden Westen, Symbol für versteckte Gefahr oder edles Sammlerstück – der Colt Derringer bleibt unvergessen.